Konzept

In der öffentlichen Gesellschaft wird der Umgang mit psychisch Kranken und/oder seelisch behinderten Menschen oftmals als eine unumgängliche Belastung bzw. Behinderung angesehen – für uns jedoch wird es als eine zur Gesellschaft gehörende und diese bildende und stärkende Herausforderung betrachtet und positiv angenommen.
Eine möglichst umfassende Integration in die Mitwelt wird als zentrales Anliegen der „Gut Sambach gGmbH“ angestrebt. Dabei wird der Anspruch gestellt, dass das Umfeld den Bedürfnissen des speziellen Lebensweges jedes behinderten Menschen entsprechend tragfähig und auch aufnahmebereit sein muss.
Die öffentliche, heute anonyme und einseitig auf Leistungsdruck und Konsumverhalten ausgerichtete öffentliche Gesellschaft kann die behinderten Menschen oft noch nicht in heilsamer Weise aufnehmen. Deshalb besteht die andauernde Notwendigkeit, überschaubare Lebens- und Arbeitsgemeinschaften mit behinderten Menschen zu bilden, wie beispielhaft die schon seit Jahren praktizierte Form des landwirtschaftlichen Hoforganismus Gut Sambach. Diese Art von Integrationsformen wiederum sind bestrebt, Teil der allgemeinen Gesellschaft zu sein.

Pädagogischer Wert

Die Sinnzusammenhänge der landwirtschaftlichen Arbeiten sind im Vergleich zu industriellen Montagearbeiten und Lohnfertigungsaufträgen meist einfacher zu durchschauen. Für den behinderten Mitarbeiter ist es leichter, einen unmittelbaren Bezug zur Arbeit herzustellen. Die Arbeiten sind vielseitig, abwechslungsreich und sprechen körperliche und geistige Leistungsfähigkeit gleichermaßen an. Sie bieten individuelle Fördermöglichkeiten und Ansatzpunkte, den Erlebnis- und Erfahrungshorizont zu erweitern. Soziales Verhalten wird gelernt, eingeübt und erlebt.

Natürliche Regelmäßigkeit

Landwirtschaftliche Arbeiten sind eine „gesunde“ Mischung aus regelmäßig anfallenden Tätigkeiten, die dem Ausführenden Sicherheit und Selbstvertrauen geben („das kann ich, das habe ich schon oft gemacht“), und wechselnden, neuen Aufgaben, die herausfordern, Gelerntes anwendbar machen und neue Erfolge vermitteln.
Die Tierhaltung erfordert regelmäßige, täglich anfallende Arbeiten. Verschiedene Arbeiten fallen saisonal, im Jahreslauf immer wiederkehrend, an. Das landwirtschaftliche Jahr fließt nicht als gerader Strom von Stunden, Tagen, Wochen und Monaten. Zeit wird in der Landwirtschaft für die Beschäftigten begreifbar als Wachstums-, Reife- und Erntezeit.

Einsicht und Notwendigkeit

Der Umgang mit Lebewesen erhöht die Sinnhaltigkeit der Arbeit enorm. Für viele Beschäftigte ist nachvollziehbar, dass ein Lebewesen regelmäßig Futter braucht, sich in einem sauberen und trockenen Stellplatz wohler fühlt als an einem nassen, dass man das Futter für den Winter im Sommer machen und einlagern muss. Sinn und Zweck der eigenen Arbeit ist meist unmittelbar ersichtlich.

Selbständigkeit

Das Förderziel der „Selbständigkeit“ ergibt sich bei Arbeiten auf dem Hof fast von selbst. Der Beschäftigte erlebt täglich, wie anstehende Probleme und unvorhergesehene Situationen durch eigenes Zupacken und Nachdenken oder gemeinsam im Team gelöst werden. Auf Änderungs- oder Verbesserungsvorschläge der Beschäftigten bezüglich einzelner Arbeitsabläufe und Tätigkeiten kann recht flexibel eingegangen werden. Dadurch wird das Selbstbewusstsein und die Identifikation mit dem Arbeitsplatz enorm gestärkt.

Körperliche Auslastung

Die körperliche Arbeit kommt in vielen Fällen dem ausgeprägten Bewegungsbedürfnis der Beschäftigten entgegen. Vereinzelt gelten Beschäftigte im handwerklich industriellen Bereich als schwierig oder haben ein großes Aggressionspotenzial. Nach dem Wechsel in den grünen Bereich werden Sie zu Leistungsträgern. Insbesondere für Beschäftigte, die sich an handwerklich-industriellen Arbeitsplätzen beengt fühlen, kann sich die Weiträumigkeit, verbunden mit körperlich auslastenden Arbeiten, als therapeutisch hilfreich erweisen.

Jahres- und Lebensrhythmus

In der Landwirtschaft kann „das ganze Leben“ vom Keimen bis zur Ernte der Frucht beobachtet und miterlebt werden. Das gilt noch stärker in Bezug auf die gehaltenen Nutztiere.  Das Decken, die Trächtigkeit, die Geburt, das Säugen, das Aufwachsen, Krankheiten, die Mast, aber auch das Schlachten und Zerlegen der Fleischteile finden auf dem Hof statt. Ein wichtiger bäuerlicher Beitrag zur Rehabilitation besteht in der Vermittlung elementarer Lebensvorgänge. Die Nähe zum Tier, die Verantwortung, das Anfassen, Begreifen, Streicheln und die damit verbundene Erweiterung des Erfahrungshorizontes sowie des Selbstbewusstseins hat dazu  geführt, dem landwirtschaftlichen Nutztier in der Heilpädagogik den Rang eines „Co-Therapeuten“ zuzubilligen.
Das gemeinsame Leben und Arbeiten auf Gut Sambach umfasst auch gemeinsame kulturelle Veranstaltungen, Ausflüge in die nähere Umgebung und einmal im Jahr eine größere Urlaubsreise.

Mitwirkung bei der Lebensmittelerzeugung

Eine wichtige Bedeutung kommt den Produkten zu, die an die eigene Großküche, die Wohnheime oder Privatkunden verkauft werden. Wenn selbst produziertes Fleisch, Wurst, Milch und Eier verkauft werden, ist stolz auf die eigene Arbeit spürbar. Die anderen Heimbewohner wissen, dass die Milch zum Frühstück, das Schnitzel zum Mittagessen oder der Salat zum Abendessen im eigenen landwirtschaftlichen Betrieb produziert wurden. Das hilft, den eigenen Wert von Nahrungsmitteln einzuschätzen. Lebensmittel kommen nicht mehr aus der Anonymität eines Einkaufscenters, der Bezug zu ihrem Ursprung ist direkt nachvollziehbar.